Auch Männer leiden bei einem Schwangerschaftsabbruch

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Männer kommen oft in erster Linie in die Therapie, um die Symptome von Problemen in der Arbeitswelt, Burnout, Panikattacken oder Beziehungsproblemen behandeln zu lassen. Erst im Zuge der Beratungsgespräche kommt dann  auf, dass es noch ein Kind gegeben hätte. Das Thema und die Gefühle der abgebrochenen Vaterschaft kommt dann wieder ins Bewusstsein. Anfangs scheint es ein Nebenthema zu sein. Aber wenn der Rahmen stimmt, dann wird die Verarbeitung des Schwangerschaftsabbruchs schließlich zum Hauptthema.

Die verborgene Gefühlswelt

In unserer Kultur heißt es immer, dass Indianer keinen Schmerz kennen. Genau dieses geschaffene, Bild des straken Indianers bewirkt, dass Männer ihre wahren Gefühle nicht preisgeben. Im Falle einer Abtreibung wollen sie für ihre Partnerin da sein und sie unterstützen. Die eigenen Gefühle wären dann nur noch eine zusätzliche Belastung. Deswegen werden Schmerz und Trauer im Rahmen der Beratung oder des Seminars genauso wieder ins Bewusstsein gerufen und aufgearbeitet, wie Schuld- oder Wutgefühle. Auch das Gefühl der Hilflosigkeit kann sich breit machen, vor allem wenn dem Partner keine Wahl hatte und sozusagen hilflos mit ansehen muss, wenn sich die Partnerin nicht für das gemeinsame Kind entscheidet. Das kann der Fall sein, wenn der Mann über einen längeren Zeitraum nichts von der Abtreibung des Kindes wusste oder nicht in die Entscheidung mit einbezogen wurde. Wurde die Entscheidung gemeinsam getroffen, oder wurde die Partnerin unter Druck gesetzt, können Schuldgefühle eine schwerwiegende Rolle spielen.

Ein betroffener Mann, der sein Kind mit Freude erwartet hätte, schrieb, dass Hilflosigkeit, Situationsträume, Selbstkritik und Glaubensfragen nach dem Leben ihn begleiteten – und auch immer noch präsent sind. Die einstige Liebe zur Partnerin verschwand und der Kontakt wurde stets weniger. Das was blieb ist ein schlechtes Gewissen und tiefe Kratzer an der Seele.

Der Einflussfaktor Umwelt

Der Einfluss der näheren Umwelt, also der Freunde und Familie, spielt eine wesentliche Rolle bei der Entscheidungsfindung. Für Männer macht es einen großen Unterschied, wie auf die Nachricht der anstehenden Vaterschaft reagiert wird. Wenn Redewendungen wie „Schaff dir das vom Hals“ überwiegen, sind sie schneller zu einer Entscheidung gegen das Kind motiviert. Ein „Herzlichen Glückwunsch, du wirst Vater“ hat da eine ganz andere Wirkung. Die Abtreibung wird aber selten in die Biographie der Männer aufgenommen. Sie wird vorwiegend der Partnerin zugesprochen. Aber auch hier gilt, dass man mehr auf die eigenen Gefühle achten soll, anstatt auf die Empfehlungen von außen.

Wir sind keine Roboter, keine gefühlslosen Wesen, daher ist es sowohl für Männer als auch für Frauen sehr wichtig, Gefühle bewusst wahrzunehmen, anzunehmen und auch auszudrücken. Dabei spielt es keine Rolle, in welchen Rahmen man sich befindet. Sowohl im Familien- oder Freundeskreis kann man Gefühle ausleben, wie auch in einer Therapie oder Selbsthilfegruppe. Egal wie der Rahmen schlussendlich aussieht, schlussendlich ist es wichtig, dass man dem ungeborenen Kind einen Platz gibt, es ins Leben zu integrieren.

 


Mein Name ist Robert Karbiner. Seit 1997 arbeite ich als Psychotherapeut und verfüge über viel Erfahrung in der Arbeit mit Menschen in schwierigen Lebenssituationen.
Ich bin ausgebildeter Psychotherapeut, Supervisor, Coach, systemischer Familienberater, Lebens- und Sozialberater, Anti-Gewalt-Pädagoge, Trainer und Buchautor

Meine Online Kolumne soll Menschen helfen und Ratschläge zur Selbsthilfe bieten. Dennoch erfolgen die Angaben ohne Gewähr. Wenn Sie sich bei der Bearbeitung eines Problems nicht sicher sind oder unklare Begleitumstände auftreten, sollte umgehend fachlicher Rat eingeholt werden. Für eventuelle Nachteile, die aus praktischen Hinweisen und/oder Übungen resultieren, kann der Autor keine Haftung übernehmen. Jeder Leser muss in Eigenverantwortung entscheiden, ob er beschriebenen Übungen und Anregungen ausprobieren möchte. Sollten Sie Fragen haben oder Hilfe benötigen, kontaktieren Sie mich unter 0699 10 322 362 oder r.karbiner@utanet.at.

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