Es gibt Menschen, denen scheinbar nichts peinlich ist. Sie gehen ganz glückselig durchs Leben, während andere vor Peinlichkeit oder Scham im Boden versinken. Egal ob man will oder nicht, Pleiten, Pech und Pannen können in allen denkbaren Situation auftauchen. Sie passieren einfach, lassen sich oft nicht vermeiden. Sie gehören zu unserem Alltag dazu – ob man will oder nicht. Zweifellos können solche Situationen sehr unangenehm sein. Aber das muss es nicht: Sie können lernen, wie Sie mit peinlichen oder schwierigen Situationen souverän umgehen. Wenn eine Panne passiert, dann ist es wichtig richtig zu reagieren. Akzeptieren Sie die Situation, zeigen Sie Ihre Gefühle und machen Sie das beste daraus. Bald darauf ist das Thema Geschichte und der Tag geht ganz entspannt weiter.
Josef, unser Musikant
Ich möchte Ihnen Josef kurz vorstellen. Er musiziert mit sehr viel Leidenschaft und ist deswegen Mitglied einer Musikkapelle. Jede Woche steht abends eine Probe an. Einerseits freut er sich darauf, weil er sehr gerne auf seinem Instrument spielt, trotzdem belasten ihn die regelmäßigen Abendtermine. Er hofft ständig, dass ihm nichts peinliches passiert. Seine Freunde könnten merken, dass er nicht genug geübt hat und sich daher öfters als normal verspielt. Oder er könnte zu spät zur Probe erscheinen.
Unbewusst wiederholt er ständig den Gedanken, nicht gut genug zu sein. Ihm ist womöglich nicht bewusst, dass diese Gedanken zu negativen Gefühlen führen. Daraus entstehen Handlungen und Gewohnheiten, durch die es ihm nicht möglich ist, sein gesamtes Potential auszuleben. Denn Josef versucht ständig, peinliche Situationen zu vermeiden. Dafür braucht er sehr viel Aufmerksamkeit und Kraft, die ihm schlussendlich beim Musizieren fehlt. Dadurch bremst er sich selbst und tritt immer wieder einmal in ein Fettnäpfchen. Aber wie kann Josef damit umgehen? Nur wenige Menschen schaffen es, in peinliche Situationen zu lächeln und gekonnt wegzustecken.
Die Angst vor peinlichen Situationen
Bei Josef lässt sich erkennen, dass er Angst hat. Aber wovor genau? Hat er Angst vor dem Kapellmeister, der etwas unfreundliches sagen könnte? Hat er Angst vor einer Bloßstellung? Hat er Angst vor seinen eigenen Gefühlen? Oder dass die anderen Mitglieder seine Gefühle erkennen können? Angst vor Schamgefühl oder Peinlichkeit?
Bei Josef handelt es sich um die Angst vor Peinlichkeit. Damit er diese in den Griff bekommt, muss er das Gefühl wahrnehmen, akzeptieren und loslassen. Es muss ihm bewusst werden, dass sein Gedankengang nicht der Realität entspricht. Denn er hat genug geübt, zuhause sind ihm alle Musikstücke fehlerfrei gelungen. Er muss beginnen, an sich selbst und sein Können zu glauben. Wenn Josef seine Gedanken in das Positive verändert, versucht er nicht mehr zwanghaft Peinlichkeiten zu vermeiden und kann in Zukunft gelassener reagieren.
Peinlichkeiten souverän meistern
Peinlichkeiten gehören zum Leben dazu. Sie gehören genauso zum Alltag, wie schöne Momente erleben. Machen Sie sich bewusst, dass jeder früher oder später in eine Situation gerät, in der man sich einfach nicht wohl fühlt. Immerhin ist es normal, dass nicht alles sofort nach Plan läuft. Achten Sie in Zukunft darauf, wie Sie reagieren oder damit umgehen. Passieren Pannen, dann spielen Sie es nicht hinunter oder versuchen sie nicht krampfhaft, es zu vertuschen. Dafür ist es schon zu spät! Akzeptieren Sie, dass es passiert ist und machen Sie nun das Beste aus der Situation. Entschuldigen Sie sich für das Missgeschick oder geben Sie zu, dass Ihnen diese Situation peinlich ist.
Wenn Sie aktiv daran arbeiten wollen, bringen Sie sich bewusst in eine Situation, vor der Sie Angst haben. Melden Sie sich als Freiwilliger, gehen Sie nicht top gekleidet zur Arbeit, setzen Sie sich bewusst in die erste Reihe oder kommen Sie, wie Josef, einmal bewusst zu spät in die Probe. Es spielt dabei keine Rolle, was es genau ist. Es geht mehr um das Gefühl, sich einer peinlichen Situation bewusst zu werden, diese auch so wahrnehmen und aktiv dafür sorgen, richtig und gelassen zu reagieren. Bringen Sie es zum Ausdruck, dass es Ihnen Leid tut, das nächste Mal besser aufpassen damit es nicht mehr geschieht und entschuldigen sich. Kurz danach ist das Thema für die Menschen in Ihrer Umgebung abgehackt, es interessiert sie nicht mehr und der Alltag geht ganz entspannt und normal wieder weiter.
Das ist mir dennoch peinlich …
Wichtigstes Gebot hierbei ist, dass Sie immer ehrlich zu sich selbst sind. Gestehen Sie sich ein, dass Ihnen eine Situation gerade peinlich ist und versuchen Sie, gelassen zu reagieren indem Sie Ihre Gefühle zum Ausdruck bringen. Entschuldigen Sie sich, geben Sie es ehrlich zu, dass es Ihnen peinlich ist, vergewissern Sie alle, dass es das nächste Mal nicht mehr passieren wird. Akzeptieren Sie, was ist!
Sollten Sie sich nicht bereit dafür fühlen, dann suchen Sie sich am besten Unterstützung. Fragen Sie Ihre Familie, Freunde oder Arbeitskollegen. Reden Sie mit Personen, die Ihnen nahe stehen. Möglicherweise können sie schon etwas behilflich sein.
Wenn die Peinlichkeit so tief sitzt, dass Sie die Ängste nicht zulassen können, ist es sehr empfehlenswert, wenn Sie sich professionelle Hilfe suchen. Ein Besuch bei einem Therapeuten kann oft Wunder bewirken und für viel mehr Lebensqualität sorgen. Hilfe in Anspruch zu nehmen muss Ihnen nicht peinlich sein. Ganz im Gegenteil: Sie können stolz darauf sein, dass Sie an sich selbst arbeiten wollen, Ihre Angst überwinden und so zu neuer Kraft finden!
Mein Name ist Robert Karbiner. Seit 1997 arbeite ich als Psychotherapeut und verfüge über viel Erfahrung in der Arbeit mit Menschen in schwierigen Lebenssituationen.
Ich bin ausgebildeter Psychotherapeut, Supervisor, Coach, systemischer Familienberater, Lebens- und Sozialberater, Anti-Gewalt-Pädagoge, Trainer und Buchautor
Meine Online Kolumne soll Menschen helfen und Ratschläge zur Selbsthilfe bieten. Dennoch erfolgen die Angaben ohne Gewähr. Wenn Sie sich bei der Bearbeitung eines Problems nicht sicher sind oder unklare Begleitumstände auftreten, sollte umgehend fachlicher Rat eingeholt werden. Für eventuelle Nachteile, die aus praktischen Hinweisen und/oder Übungen resultieren, kann der Autor keine Haftung übernehmen. Jeder Leser muss in Eigenverantwortung entscheiden, ob er beschriebenen Übungen und Anregungen ausprobieren möchte. Sollten Sie Fragen haben oder Hilfe benötigen, kontaktieren Sie mich unter 0699 10 322 362 oder r.karbiner@utanet.at.
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